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Saturday, January 12, 2013

Überrascht böhmischen Adeligen in der Tschechischen Republik

Im Kampf um das tschechische Präsidentenamt liegt der linke Ex-Premier Milos Zeman vorne. Doch in der Stichwahl in zwei Wochen muss er gegen den Überraschungssieger Karel Schwarzenberg antreten

Mit einem fulminanten Schlussspurt im Wahlkampf hat der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg überraschend die Stichwahl um das tschechische Präsidentenamt erreicht. Dort wird der 75-jährige böhmische Adelsspross auf den linksgerichteten früheren Regierungschef Milos Zeman (68) treffen.

Die Stichwahl in zwei Wochen wird erforderlich, weil keiner der neun Kandidaten in der ersten Runde die absolute Mehrheit für sich verbuchen konnte.

Nach Auszählung aller in den 15.000 Wahlbüros abgegebenen Stimmzettel konnte Zeman konnte 24,2 Prozent der Kreuze auf sich vereinen, Schwarzenberg lag mit 23,4 Prozent knapp dahinter. Für Fischer entschieden sich nur 16,4 Prozent der Wähler. Weil kein Kandidat im ersten zweitägigen Wahlgang eine absolute Mehrheit erreichte, folgt nun am 25. und 26. eine zweite Runde.

Der in den Umfragen lange favorisierte frühere unabhängige Premier Jan Fischer, der jüdische Wurzeln hat, landete nur auf den dritten Rang vor dem Kandidaten der Sozialdemokraten, Jiri Dienstbier jr. Die übrigen Anwärter auf die Prager Burg, unter ihnen der ganzkörpertätowierte Musikprofessor Vladimir Franz, endeten weit abgeschlagen.

Wie der neue Präsident gefeiert

Zeman nahm das Ergebnis bislang nur kurz "mit wie immer guter Laune" zur Kenntnis. Fischer zeigte sich enttäuscht. Schwarzenberg war in den vergangen Tagen offen von großen Prager Zeitungsredaktionen und zahlreichen bekannten Künstlern zur Wahl empfohlen worden.

Der "Fürst", wie er kurz und liebevoll von den Tschechen genannt wird, verkörpere die Ideale der Revolution und der Ära Vaclav Havels und verfüge zudem über großes internationales Renommee.

Schwarzenberg wurde in seiner Zentrale in einem Prager Theater schon wie der neue Präsident gefeiert, wo Gäste spontan die tschechische Hymne anstimmten.

Wie er sagte, gehe es in der Stichwahl darum, ob man das Land in die Hand eines "Mannes der Vergangenheit" – Zeman – lege, oder in seine. Er wolle aus Tschechien wieder ein "ordentliches, erfolgreiches Land im Herzen Europas" machen.

Maximal der dritte Platz zugetraut

In den Umfragen war Schwarzenberg maximal der dritte Platz zugetraut worden, da er der derzeitigen Regierung angehöre, die äußerst unbeliebt ist.

Politologen machten im Fernsehsender CT24 jedoch darauf aufmerksam, dass die Wähler eher eine Persönlichkeitswahl vorgenommen hätten, als nach Parteipräferenzen zu entscheiden.

Die Stichwahl ist nach Meinung der Experten völlig offen. Die Tschechen wählen das Staatsoberhaupt zum ersten Mal direkt. Die Amtszeit des derzeitigen Präsidenten Vaclav Klaus endet Anfang März. Der tschechische Präsident hat nur geringe Vollmachten, genießt aber traditionell ein hohes moralisches Ansehen.

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