Edward Snowden, der nützliche Idiot. Er war ein Niemand, bis er zwischen die Fronten von West und Ost geriet. Im Umgang mit ihm offenbart sich das gesamte Wesen der gegenwärtigen Weltpolitik.
Edward Snowden ist in aller Munde und dennoch unsichtbar: ein Luftgeist im Nirgendwo, auf den die Welt mit angehaltenem Atem schaut, auch wenn sie ihn (noch) nicht zu Gesicht bekommt. Nur selten schafft es ein Mensch, zum Hauptgesprächsthema der internationalen Presse zu werden, der scheinbar ein Niemand, jedenfalls ein Otto Normalverbraucher ist.
Snowden steht nicht in Amt und Würden. Er ist nicht der erste Mensch auf dem Mars und schon gar nicht der erste Westler, der ins Schmuddellager der Schurken überläuft. Trotzdem ist Snowden der Mann der Stunde. Genauer noch: Er ist die Wiederkehr des dritten Mannes in der Zwielichtigkeit, die sein literarischer Vorgänger Harry Lime im Roman von Graham Greene besaß. Auch von Lime ging diese schillernde Faszination aus, die nun Edward Snowden vorweisen kann. Anhänger besaß Lime ebenfalls.
Von der Literatur zur Politik. Auch politisch trifft auf Snowden das Bild vom dritten Mann zu. Im Duell zwischen Wladimir Putin und Barack Obama auf der einen, zwischen dem amerikanischen und chinesischen Präsidenten auf der anderen Seite steht eben der noch so knabenhaft wirkende Dritte, ein Nerd und Milchbart aus North Carolina, der seine Freundin von heute auf morgen verließ und auszog, den Großen der Welt das Fürchten zu lehren.
Snowden, der nützliche Idiot der Weltpolitik
Im Umgang mit Edward S. offenbart sich das gesamte Wesen der gegenwärtigen Weltpolitik – mit dem zögerlichen Präsidenten einer Supermacht, der seit langem international eine eher schwache Figur ist und mit einem Möchtegernriesen namens Wladimir Putin, der keine Gelegenheit auslässt, den Russen durch Imponiergehabe die eigene Größe vorzugaukeln.
Während Putin nur darauf wartet, die Amerikaner zu demütigen, kommt den Chinesen Edward Snowden wiederum gelegen, weil sie ihren asiatischen Nachbarn mit Hilfe des Whistleblowers zeigen können, wie schwach die Vereinigten Staaten im chinesischen Machtbereich sind, auch wenn es nicht den Tatsachen entspricht. Edward Snowden, der nützliche Idiot.
Auch in unseren Breiten hat der dritte Mann seine Bedeutung. Er wird als David gefeiert, der gegen den Goliath des US-Geheimdienstes kämpft. Ist er ein Held oder ein Verräter? Die meisten Deutschen halten ihn für einen Helden. Sie vergessen eines: Freigeister und Demokraten fliehen nicht in autoritäre Regime wie nach China, Russland oder Ecuador. Wenn sie meinen, sie müssten aufdecken, was die CIA und ihre Schwestern treiben, dann gehen sie zur New York Times oder Washington Post. Bob Woodward und Carl Bernstein haben es vorgemacht.