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Friday, March 22, 2013

Europa ist für den Zusammenbruch des Zypern-Vorbereitung

Es sieht immer mehr danach aus, als würde Zypern in die Staatspleite schlittern. Für die Euro-Zone wären die Folgen wohl beherrschbar – auf der Insel hingegen würde binnen Tagen das Chaos ausbrechen.


Der fünfte Tag der großen Krise der kleinen Mittelmeerinsel war ein seltsamer. Auf der einen Seite hieß es für die Regierungsvertreter in Europas Hauptstädten: warten. Warten auf den neuen "Plan B" aus Zypern, nachdem das erste Rettungspaket für die klamme Mittelmeerinsel so krachend gescheitert war. Ob die EZB und die Troika diese Pläne akzeptieren, war am Abend nicht klar.
Auf der anderen Seite herrschte hektische Betriebsamkeit. Denn mittlerweile hat sich die Lage rund um Zypern so zugespitzt, dass sich die Euro-Zone auf das Schlimmste vorbereitet: eine Pleite und einen Euro-Austritt des Landes.
Noch erscheint dieser Schritt unwahrscheinlich. Aber das Risiko nimmt zu. Die Finanzstaatssekretäre der Euro-Staaten hatten sich bereits am Mittwoch zu einer Telefonkonferenz zusammengeschaltet, um Vorkehrungen gegen einen Zusammenbruch der zyprischen Banken zu besprechen.
So beriet man, wie Ansteckungsgefahren bei einem Ausscheiden Zyperns aus der Euro-Zone gebannt werden müssten. "Wir stecken im Schlamassel", soll der Vorsitzende der Euro-Arbeitsgruppe, Thomas Wieser, laut Teilnehmern gesagt haben.
Sollte Zypern nicht kooperieren, müsste es bald sein eigenes Geld drucken, heißt es in EU-Kreisen. "Bekommt Zypern keinen Kompromiss mehr zustande, müsste das Land die Euro-Zone wohl verlassen", sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank.

Der Ablauf der Pleite


Eine Pleite Zyperns liefe wie folgt ab: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat klargemacht, dass sie keine insolventen Banken stützen darf und Zyperns Finanzhäusern nur helfen wird, wenn das Land mit den Euro-Rettern eine Einigung über ein Rettungspaket erzielt.


Sollte bis Dienstag, wenn die Banken wieder öffnen, kein Programm stehen, dreht die EZB Zypern den Geldhahn zu.
Das Land kann aber nicht aus eigener Kraft seine maroden Banken mit frischem Kapital ausstatten. Die Regierung ist selbst bis zur Halskrause verschuldet, spätestens im Juni wird ihr das Geld ausgehen. Ohne fremde Hilfe würde das Finanzsystem kollabieren, der zyprische Staat wäre pleite.
Als erstes Euro-Land wäre Zypern von der Geldversorgung des Euro-Raums abgeschnitten. "Rein ökonomisch betrachtet wäre Zypern bereits dann aus der Euro-Zone ausgeschieden", sagt Krämer.
Denn den Euro als Zahlungsmittel ohne Zugang der Banken zur EZB aufrechtzuhalten, dürfte unmöglich sein. Zwar könnten theoretisch zyprische Banken versuchen, über Geschäfte mit anderen Finanzhäusern im Ausland an frische Euros heranzukommen. Da aber die zyprischen Banken insolvent sind, würde ihnen kein anderes Finanzinstitut auch nur einen Cent leihen.
Auch ein zweiter Weg dürfte versperrt sein: Zypern ist eine kleine offene Volkswirtschaft, in die jährlich Hunderttausende Touristen strömen – und die Euros mit ins Land bringen. Doch dieses Euro-Aufkommen dürfte nicht reichen, um die Währung über diesen Weg zu erhalten. Zumal der Touristenstrom versiegen dürfte, nachdem das Land in die Pleite und ins politische Chaos gerutscht ist.

Eigenes Geld drucken


Zypern bliebe nach einer Insolvenz nichts anderes übrig, als sein eigenes Geld zu drucken. Das Ausscheiden aus der Euro-Zone wäre besiegelt. Offiziell verkünden müsste das Land den Ausstieg nicht, weil das in den europäischen Verträgen gar nicht vorgesehen ist.
Die neue zyprische Währung würde stark abwerten, Güter aus dem Ausland deutlich teurer werden. Das Land geriete in einen tiefen Wirtschaftsabschwung. Die Regierung könnte sich weder im In- noch im Ausland Geld leihen, weil niemand mehr glauben würde, dass Zypern die Kredite auch zurückzahlen würde.
Die Staatsfinanzierung wäre nur noch über die Notenpresse möglich, es käme zu hoher Inflation. Außerdem müsste die Regierung harte Einschnitte vornehmen und etwa staatliche Renten kürzen.
Eine Staatspleite wäre für viele Zyprer also bitter. Die Frage ist, inwiefern die gesamte Euro-Zone von einer Pleite der Insel in Mitleidenschaft gezogen werden würde. An dieser Stelle gehen die Meinungen weit auseinander. Die EU hat Zypern für "systemrelevant" erklärt, sonst hätte sie das Land rechtlich auch gar nicht retten dürfen.
FDP-Politiker Rainer Brüderle hält wie auch viele Experten die Folgen einer Zypern-Pleite dagegen für "beherrschbar". Für diese Theorie spricht einiges.

Keine Schockwellen für Europa


Die Staatsschuld Zyperns beträgt nur 14 Milliarden Euro. Das ist viel für ein kleines Land mit einer jährlichen Wirtschaftsleistung von 17 Milliarden Euro. Aber insgesamt ist der Betrag zu gering, um Schockwellen durch das europäische Finanzsystem zu jagen.
Die entscheidendere Frage ist, ob Banken im europäischen Ausland solche Verluste aus einer Insolvenz Zyperns erleiden würden, dass diese die Stabilität des europäischen Finanzsystems infrage stellen.
Im Januar betrugen die Forderungen ausländischer Banken gegenüber Zypern 52 Milliarden Euro, das entspricht gerade mal 0,17 Prozent aller weltweiten grenzüberschreitenden Forderungen. Zu wenig, um Banken außerhalb Zyperns ernsthaft in Gefahr zu bringen. Oft wird auf die enge Verbundenheit des griechischen zum zyprischen Finanzsektor verwiesen.
Doch selbst wenn griechische Geldinstitute in Schieflage geraten sollten, liegen in den europäischen Rettungstöpfen noch etliche Milliarden, um die Geldinstitute zu rekapitalisieren. "Zypern hat nicht das Potenzial, die Existenz der Währungsunion zu gefährden", sagt Krämer.
Die Gefahr, dass andere Krisenländer ebenfalls die Euro-Zone verlassen wollen, um ihre schmerzhaften Reformprogramme nicht umsetzen zu müssen, dürfte ebenfalls gering sein. Im Gegenteil: Die Bilder vom politischen Chaos auf Zypern nach einer Staatspleite dürften auf Italien, Portugal oder Spanien eine abschreckende Wirkung haben.

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