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Monday, March 25, 2013

Anleger verlieren bis zu 90 Prozent in Zypern

Neue Details zum Rettungspaket: Wohlhabende Anleger müssen mit ihrem Geld haften, der Bankensektor wird halbiert. Jetzt fürchtet man Panikreaktionen, wenn die Banken wieder öffnen

Zyperns maroder Bankensektor wird gesundgeschrumpft. Dies ist die Bedingung für die zehn Milliarden Euro umfassende Hilfe, die der Inselstaat aus dem Europäischen Rettungsfonds erhält. Während die Großbank Laiki abgewickelt wird, bekommt die Bank of Cyprus eine Überlebenschance.
Reiche Bankkunden werden allerdings in beiden Fällen viel Geld verlieren, Kleinsparer hingegen geschont.
In einer Nachtsitzung hatten sich die Finanzminister der Euro-Gruppe zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) auf dieses Vorgehen geeinigt. Die zyprische Regierung, die lange das umstrittene Geschäftsmodell des Bankensektors verteidigt hatte, stimmte am Ende für diesen Weg, um die drohende Staatspleite im letzten Augenblick abzuwenden.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach von einer "fairen Lösung". Ein Hilfspaket ohne Beteiligung der Banken wäre nicht akzeptabel gewesen. Diese Position habe nicht nur die Bundesregierung, sondern auch der IWF vertreten.
Auf der Grundlage der jetzigen Einigung würden nun die Verhandlungen zwischen Zypern und der Troika aus IWF, Europäischer Zentralbank und der EU-Kommission geführt, sagte Schäuble.

Troika muss die Höhe des Beitrages aushandeln


Welchen exakten Betrag der zyprische Bankensektor am Ende aufbringen müsse, sei derzeit noch nicht klar. "Dies ist Sache der Troika." Derzeit ist von einem Betrag zwischen knapp sechs Milliarden Euro und sieben Milliarden Euro die Rede. Angesichts der düsteren Konjunkturaussichten könnte aber auch dieser Beitrag am Ende nicht reichen.

Die Vereinbarung der Finanzminister sieht vor, dass Einlagen der Bank of Cyprus oberhalb von 100.000 Euro eingefroren werden. Diese Einlagen werden in haftendes Kapital umgewandelt, bis die Eigenkapitalquote der Bank auf neun Prozent angestiegen ist.
Schäuble sagte, dass die Großsparer auf diese Weise gut die Hälfte ihrer Einlagen für die Sanierung der Bank einsetzen müssten. Die zyprische Regierung sprach dagegen von einer Quote von 30 Prozent.
Die zweite Großbank des Landes, das Geldhaus Laiki, wird hingegen umgehend geschlossen. Dabei werden alle Guthaben bis 100.000 Euro an die Bank of Cyprus überführt. Höhere Guthaben, die Analysten auf 9,6 Milliarden Euro schätzen, gehen zusammen mit nicht werthaltigen Vermögenswerten in eine "Bad Bank", um die dort entstehenden Verluste aufzufangen. Wie viel von ihren Einlagen übrig bleibt, hängt wie bei jeder Insolvenz vom Erfolg bei der Verwertung des Vermögens ab.
Unter dem Strich dürften die betroffenen Kunden 80 bis 90 Prozent ihrer Einlagen verlieren, schätzt Marc Hellingrath, Bankenexperte bei der Fondsgesellschaft Union. "Das nun beschlossene Rettungspaket ist die einzige Art und Weise, wie das Problem gelöst werden konnte", sagte er.

Einbeziehung der Banken war notwendig


Die Bundesregierung verteidigte die Einbeziehung der Bankkunden als notwendig und richtig. "Es nimmt diejenigen, die die Fehlentwicklungen zu verantworten haben, mit in die Haftung", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Schäuble nannte es richtig, den überdimensionierten Bankensektor Zyperns zu verkleinern.
Derzeit ist die Bilanzsumme der Geldhäuser achtmal so groß ist wie das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Dabei spielen Einlagen wohlhabender Kunden eine große Rolle, vor allem aus Russland und Großbritannien. Bis 2018 soll der Sektor halbiert werden. Vom Tisch ist die Zwangsabgabe für alle Sparer, die ursprünglich geplant war. Auch der von Zyperns Regierung ins Spiel gebrachte Griff in die Rentenkasse wurde verworfen.
Wenngleich mit der Einigung ein wichtiger Schritt geschafft ist, bedeutet dies noch keine endgültige Entscheidung über die Zypern-Rettung. Denn zunächst gehen jetzt die Verhandlung mit der Troika um die Ausgestaltung des Hilfsprogramms weiter. Angepeilt ist ein Abschluss bis Mitte April. Dann müssen auch die Parlamente in Deutschland und in Nikosia ihr Plazet geben.
Neue Unruhe droht bereits am Dienstag, wenn die seit mehr als einer Woche geschlossenen Banken des Landes ihre Schalter wieder öffnen. Die Zentralbank des Landes teilte am Montag mit, an diesem Termin festhalten zu wollen. Im Rest Europas wird das teilweise skeptisch gesehen. Man müsse sich fragen, ob der Bankensektor auf den erwarteten Ansturm nervöser Kunden ausreichend vorbereitet sei, hieß es in Notenbankkreisen.

Ansturm auf die Banken befürchtet


Schäuble forderte, dass aus der Wiedereröffnung der Banken "keine zusätzlichen Probleme" entstehen dürften. In jedem Fall wird nicht erwartet, dass nicht vom ersten Tag an wieder normaler Bankbetrieb möglich sein wird. So müssten Kunden nur einen Höchstbetrag pro Tag oder Monat abheben dürfen.
Am Dienstag werden alle kleineren Genossenschaftsbanken und die drittgrößte zyprische Bank, die Hellenic Bank, wieder öffnen. Die Bank of Cyprus und die Laiki Bank, deren Systeme noch angepasst werden müssten, werden erst am Donnerstag wieder für den Publkikumsverkehr geöffnet, wie der zyprische Rundfunk unter Berufung auf die Zentralbank Zypern am Montagabend berichtete.
Bereits beschlossen wurden Kapitalverkehrskontrollen, um eine Flucht von Spargeldern ins Ausland einzudämmen – ein Novum seit dem Start der Währungsunion. Spekulationen, ausländische Kunden hätten in den vergangenen Tagen trotz geschlossener Banken noch im großen Stil Geld beiseite geschafft, wurden indes sowohl von Schäuble als auch von der EZB zurückgewiesen.
Zyperns Banken können weiter mit der Unterstützung der EZB rechnen. Diese hatte dem Land gedroht, Notkredite zu streichen, wenn es kein Rettungspaket gebe. Von diesen ELA-Krediten war vor allem die Laiki-Bank abhängig, die neun Milliarden Euro erhalten hat. Diese Positionen gehen vollständig auf die Bank of Cyprus über.
Gleichzeitig sagte die EZB zu, diese Bank weiter zu unterstützen. Unklar blieb zunächst, ob der Bedarf an Notkrediten vorübergehend steigen wird. Dies dürfte entscheidend davon abhängen, wie sich die zyprischen Bankkunden verhalten werden.

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