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Thursday, April 18, 2013

Ältere Ökonomen warnen vor dem Mindestlohn in Deutschland

Die führenden Wirtschaftsforscher in Deutschland halten einen Mindestlohn von 8,50 Euro für problematisch. Sie führen die hohe Arbeitslosigkeit in Frankreich auf die dortige Lohnuntergrenze zurück

Ein einheitlicher Mindestlohn gefährdet den führenden Wirtschaftsinstituten zufolge Jobs – vor allem in Ostdeutschland. "So dürfte die gegenwärtig geforderte Einführung eines Mindestlohns in der Höhe von 8,50 Euro erhebliche negative Beschäftigungseffekte haben", heißt es im Frühjahrsgutachten für die Bundesregierung. In der politischen Diskussion über Lohnuntergrenzen käme dieser Aspekt zu kurz.
Vor allem in Ostdeutschland halten die Experten einen Mindestlohn von 8,50 Euro für problematisch. Er entspräche mehr als 70 Prozent des mittleren Lohnniveaus (Median) und läge "insofern wesentlich höher als anderswo in der Europäischen Union".
Der höchste Mindestlohn werde derzeit mit 9,43 Euro in Frankreich gezahlt, was 60 Prozent des französischen Medianlohns entspreche. "Es ist zu vermuten, dass die recht hohe Arbeitslosigkeit in Frankreich von gegenwärtig knapp elf Prozent auch auf die Höhe des dortigen Mindestlohns zurückzuführen ist", erklärten die Institute.

Deutsche Wirtschaft wächst

Die Konjunkturforscher sagen Deutschland zugleich einen spürbaren Aufschwung voraus. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte in diesem Jahr um 0,8 Prozent steigen und 2014 um 1,9 Prozent zulegen. Die "Welt" hatte bereits am Mittwoch über das Gutachten berichtet.
Als Grund für die gute Entwicklung nennen die Forscher niedrige Zinsen, einen robusten Arbeitsmarkt, die hohe Wettbewerbsfähigkeit der Firmen auf den Weltmärkten und steigende Löhne.
Zudem habe sich die Lage an den Finanzmärkten entspannt, und die Unsicherheit über die Zukunft der Euro-Zone sei gesunken. Dennoch betonen die Experten, die Krise könne sich wieder zuspitzen: "Das ungünstige Bild der Konjunktur im Euro-Raum außerhalb Deutschlands wird bis Mitte des Jahres 2013 voraussichtlich nur wenig freundlicher", heißt es in dem Gutachten der Ökonomen.
Darin ist unterstellt, dass die Euro-Krise nicht eskaliert, selbst wenn ein weiteres kleines Land europäische Hilfen in Anspruch nehmen sollte. Die Institute rechnen mit einer Stabilisierung der Lage im Laufe des Jahres, veranschlagen für 2013 insgesamt dennoch ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung von 0,4 Prozent.

Frankreich rutscht in Rezession


Mit Frankreich wird demnach auch die zweitgrößte Volkswirtschaft des Währungsraums in die Rezession abrutschen: Die Institute sagen dem Land ein Minus von 0,1 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt voraus. Auch wenn sie für das kommende Jahr einen Zuwachs von 0,8 Prozent vorhersagen, bleibt Frankreich damit hinter dem prognostizierten Wachstum in der Euro-Zone von 0,9 Prozent zurück.
"Dies liegt auch daran, dass Frankreich aufgrund der niedrigen Wettbewerbsfähigkeit seiner Unternehmen in vergleichsweise geringem Maße von der Expansion des Welthandels profitiert", heißt es in dem Gutachten.
Obwohl die Regierung bereits einige Reformen angeschoben habe, lasse die wirtschaftliche Entwicklung "kaum eine deutliche Reduzierung der Arbeitslosigkeit und der öffentlichen Verschuldung erwarten". Die Schuldentragfähigkeit werde von den Anlegern jedoch nicht in Frage gestellt.

Optimistischer als Bundesregierung


Für Deutschland geben sich die Institute in ihrem Gutachten mit dem Titel "Deutsche Konjunktur erholt sich – Wirtschaftspolitik stärker an der langen Frist ausrichten" optimistischer als die Bundesregierung. Dieses rechnet wie die Bundesbank 2013 nur mit einem Wachstum von 0,4 Prozent.
Rückenwind erwarten die Wissenschaftler vom Jobmarkt. Die Zahl der Arbeitslosen werde 2013 im Jahresdurchschnitt auf knapp 2,9 Millionen sinken und im nächsten Jahr noch einmal auf 2,7 Millionen fallen. Die Inflationsrate dürfte auf 1,7 Prozent zurückgehen, "bevor sie bei zunehmender Kapazitätsauslastung im kommenden Jahr auf 2,0 Prozent anzieht".
Der Haushalt des Gesamtstaats dürfte 2013 annähernd ausgeglichen sein. Dank der günstigeren Konjunktur sei dann 2014 ein Überschuss von 0,5 Prozent im Verhältnis zur Wirtschaftskraft möglich.
Reuters/cat

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