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Friday, May 17, 2013

Staaten Tricks die Kontrolle über die Zielgesellschaft

Es liest sich wie das "Who is Who" der Weltwirtschaft: Apple, Google, Starbucks, Amazon, BASF und Bayer stehen wegen kreativer Steuersparmodelle in der Kritik. Nun wollen sich die Staaten wehren.

Die grenzübergreifenden Steuersparmodelle internationaler Konzerne geraten zunehmend in der Kritik. In den USA soll sich nun Apple-Chef Tim Cook vor einem Ausschuss des US-Senats erklären.
Cook will derweil in die Gegenoffensive gehen und auf eine "dramatische Vereinfachung" der amerikanischen Unternehmenssteuern drängen. Damit meint er vor auch: Die Abgaben auf im Ausland erzielte Gewinne müssten sinken.
"Wenn man heute sein Geld in die USA holt, muss man 35 Prozent davon abführen. Das ist eine sehr hohe Zahl", sagte Cook der "Washington Post". "Wir schlagen nicht vor, dass es null sein sollte. Ich weiß, dass viele unserer Mitbewerber dies glauben. Aber ich sehe das anders. Es sollte allerdings angemessen sein."
Apple lieh sich jüngst am Kapitalmarkt 17 Milliarden Dollar (13,2 Milliarden Euro), um für Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe nicht auf seine Reserven zurückgreifen zu müssen. Denn die liegen großteils im Ausland. Analysten rechneten aus, dass Apple durch seinen Schachzug 9,2 Milliarden Dollar an Steuern gespart habe.
Cook wehrte sich gegen den Vorwurf, den Staat um sein Geld zu bringen. "Vielleicht wissen sie es nicht, aber Apple ist wahrscheinlich der größte Steuerzahler unter den US-Unternehmen." Jede Stunde zahle der Konzern alleine eine Million Dollar an Ertragssteuern im Inland. "Apple besitzt einen hohe moralischen Anspruch. Wir glauben daran, dass ein Unternehmen seinen Beitrag zur Gesellschaft leisten muss."

Amazon muss sich in Großbritannien rechtfertigen


Auch Amazon steht unter Beschuss. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters über Finanztricks in Großbritannien muss sich das Unternehmen dort auf unbequeme Fragen vor einem Parlamentsausschuss gefasst machen.
 
"Wir müssen Amazon ganz dringend noch einmal vorladen und sie mit all dem konfrontieren, was Sie enthüllt haben", sagte die Vorsitzende des Ausschusses für Öffentliche Angelegenheiten im Unterhaus, Margaret Hodge. Sollte sich herausstellen, dass Amazon bei einer früheren Anhörung das Parlament belogen habe, wäre dies eine "sehr ernste Angelegenheit".
Zugleich forderte Hodge die britischen Steuerbehörden auf, noch einmal genau zu prüfen, inwieweit Amazon wirklich alle Steuern gezahlt habe, die es nach geltendem Recht an das Königreich hätte entrichten müssen. In den vergangenen sechs Jahren hat Amazon in Großbritannien einen Umsatz von 23 Milliarden Dollar gemacht und nur rund neun Millionen Dollar Steuern gezahlt.
Amazon-Spitzenmanager Andrew Cecil erklärte bei einer ersten Anhörung im November, dass das britische Amazon-Geschäft nicht eigenständig sei und alle wichtigen Entscheidungen am Firmensitz in Luxemburg gefällt würden. Dies sei der Grund, weshalb Amazon vor allem dort Steuern abführe. In Luxemburg gelten deutlich niedrigere Steuersätze.
Laut Reuters ist es Amazon.com gelungen, mit Hilfe seiner Luxemburger Firmen-Konstruktion rund zwei Milliarden Dollar steuerfrei beiseitezulegen – Geld, das nun für die Expansion der Firma genutzt wird.
Aus Amazon-Mitteilungen, Stellenausschreibungen sowie Schilderungen ehemaliger Amazon-Mitarbeiter und Zulieferer geht allerdings hervor, dass die britische Sparte Amazon.co.uk Ltd. alles andere als eine virtuelle Zweigstelle des globalen Konzerns ist und über recht ähnliche Strukturen wie gewöhnliche Einzelhändler verfügt – nur eben mit dem Unterschied, dass diese deutlich mehr Steuern zahlen. Ähnliche Strukturen soll es auch bei Google und Starbucks geben.

Deutsche Konzerne in Belgien kreativ


Auch deutsche Konzerne wie Bayer, BASF, und Volkswagen nutzen offenbar Schlupflöcher. Laut "Spiegel" sind die Konzerne in Belgien aktiv und setzen dort in großem Stil auf Vorteile, die sich aufgrund der steuerlichen Abgeltung von Eigenkapitalzinsen ergeben. Die genannten Konzerne wiesen den Vorwurf der Steuertrickserei zurück.
Dem Bericht zufolge hat der Pharma- und Chemiekonzern Bayer 2011 in Belgien für einen Vorsteuergewinn von 254,8 Millionen Euro lediglich 10,8 Millionen Euro an Abgaben gezahlt. Um das zu schaffen, habe Bayer 2011 das Eigenkapital seiner belgischen Tochter auf mehr als acht Milliarden Euro verdoppelt.
Bei einer Tochter des Rivalen BASF in Antwerpen habe der Steuersatz sogar lediglich bei 2,6 Prozent gelegen. Die belgische VW-Tochter Volkswagen Group Services habe 2012 einen steuerfreien Gewinn von 153 Millionen Euro kassiert, im Vorjahr seien 141 Millionen Euro steuerfrei gewesen.
In Belgien können bei der Übertragung von Eigenkapital fiktive Zinsen steuerlich abgezogen werden. Es wird so getan, als ob die Tochter für das Eigenkapital Zinsen zahlen müsste – so wie es bei der Aufnahme eines Kredits der Fall wäre.
Mit dieser in Belgien geltenden Regelung soll die Eigenkapital-Finanzierung der Finanzierung mittels Fremdkapital wie etwa durch Kredite angeglichen werden. In Deutschland gilt dies steuerlich nicht. Daher zahlt es sich für Unternehmen aus, wenn sie ihre belgischen Tochtergesellschaften mit viel Eigenkapital unterlegen.

Bayer wehrt sich


Bayer kritisierte den Bericht. "Gegen den Vorwurf der Steuertrickserei verwahren wir uns ausdrücklich", erklärte der Konzern. Der Abzug von Eigenkapitalzinsen in Belgien stelle kein Steuerschlupfloch dar, sondern trage dem Grundsatz der Steuerneutralität der Unternehmensfinanzierung Rechnung.
Auch der Rivale BASF erklärte, dass er in allen Ländern die jeweils anfallenden Steuern nach dem Landesrecht zahle. Der Bericht beziehe sich wahrscheinlich auf die Verwaltungstochter BASF Belgium Coordination Center, die neben dem Vertrieb die Finanzierung von BASF-Gesellschaften außerhalb Deutschlands übernehme.
"Das operative Geschäft der BASF Antwerpen, die den größten Produktionsstandort der BASF in Belgien betreibt, unterlag 2011 einem Steuersatz von mehr als 30 Prozent", erklärte BASF.
Auch Volkswagen wies darauf hin, dass der Konzern sich an die in Belgien geltenden Steuerbestimmungen halte und daher nicht trickse. Das belgische Steuerrecht gewähre für jede Unternehmensaktivität seit 2007 einen Abzug von typisierten Eigenkapitalkosten.
Damit würden Nachteile gegenüber der Fremdfinanzierung beseitigt. Die Regelung sei neuerdings auch in Italien eingeführt worden, erklärte VW. Der in dem Vorabbericht des "Spiegel" zunächst ebenfalls genannte Henkel-Konzern erklärte, die Praktiken nicht anzuwenden. "Da trifft auf uns nicht zu", sagte ein Sprecher.
Reuters/dpa/AFP/lw

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