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Wednesday, May 15, 2013

Optimismus neue deutsche Rezession verhindern

Die deutsche Wirtschaft ist nur ganz knapp an der Rezession vorbeigeschrammt, die andere Euro-Länder wie etwa Frankreich längst erfasst hat. Gerettet haben sie die gut gelaunten Verbraucher
Deutschland ist einer Rezession nur um Haaresbreite entgangen. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, wuchs die Wirtschaft in den ersten drei Monaten dieses Jahres um lediglich 0,1 Prozent.
Für das vierte Quartal wurde das Minuswachstum sogar noch nach unten revidiert, von zuvor 0,6 auf nun 0,7 Prozent. Schrumpft die Wirtschaftsleistung einer Volkswirtschaft zwei Quartale in Folge, sprechen Ökonomen in der Regel von einer Rezession. Diesem Schicksal ist Deutschland mit dem Minimalwachstum zu Jahresbeginn gerade noch entgangen.
Den meisten anderen Euro-Nachbarn erging es deutlich schlechter. Wackelkandidat Frankreich, dessen Wirtschaft schon seit Monaten auf der Kippe steht, rutschte mit einem Minus von 0,2 Prozent endgültig in die Rezession.
In den konjunkturell geschwächten Niederlanden schrumpfte die Wirtschaftsleistung weiter. In Italien fiel das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Januar bis März um 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorquartal und damit deutlich stärker als erwartet.

Trendwende nicht in Sicht


Ende 2012 hatte es in Italien sogar einen kräftigen Rückgang von 0,9 Prozent gegeben. Die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone steckt damit seit fast zwei Jahren in der Rezession – so lange wie noch nie seit Beginn der Statistik 1970.
Besorgniserregend aus Sicht der EU-Kommission ist vor allem, dass nach Jahren der Euro-Krise auch die großen Volkswirtschaften nacheinander in die Krise geraten oder – wie im Fall Deutschlands – zusehends an wirtschaftlicher Schwungkraft verlieren.
Und eine baldige Trendwende ist nicht in Sicht. "Es gibt keine klaren Signale für eine kurzfristige Erholung, da sich sowohl das Verbrauchervertrauen als auch das Geschäftsklima im negativen Bereich befinden", stellten die Haushaltsexperten in Brüssel kürzlich fest.
Insgesamt ging das Wirtschaftswachstum im Euro-Raum zu Jahresbeginn um 0,2 Prozent zurück, nach einem Minus von 0,6 Prozent im Vorquartal. Europa steckt damit nach wie vor in einer Rezession fest.

Zypern tief in Krise


Einen kleinen Lichtblick gab es immerhin in Portugal, wo die Wirtschaft mit einem Minus von 0,3 Prozent deutlich weniger schrumpfte als noch in den vorangegangenen Monaten. Ökonomen werteten dies als Zeichen dafür, dass es mit der krisengeschüttelten Volkswirtschaft langsam wieder aufwärts geht.
Hingegen befindet sich Zypern mit einem Wirtschaftseinbruch von zuletzt 1,3 Prozent weiterhin tief in der Krise, und auch in Spanien dauert die Rezession an. Obwohl Deutschland zu den wenigen Euro-Ländern gehört, die noch wachsen, äußerten sich Ökonomen besorgt über das überraschend schwache Abschneiden der größten Euro-Volkswirtschaft in den Wintermonaten.
"Das ist eine herbe Enttäuschung", sagte etwa Andreas Scheuerle von der Deka Bank. "Damit werden die Konjunkturprognosen für dieses Jahr nochmal deutlich nach unten gesenkt werden."

Auch Asien schwächelt


Tatsächlich ist es fast ausschließlich der steigenden Konsumfreude der privaten Haushalte zu verdanken, dass das BIP im ersten Vierteljahr überhaupt noch ein Wachstum aufwies. Rückläufig waren vor allem die Investitionen.
Viele Unternehmen halten sich wegen der Schuldenkrise in Europa mit größeren Ausgaben zurück. Zudem entwickelten sich selbst die Wachstumsmärkte in Asien zuletzt schlechter als erhofft. Bisher hatte Deutschland der Schwäche in Europa auch deshalb trotzen können, weil ein wachsender Teil der deutschen Exporte in Länder außerhalb des Euro-Raums geht.
Eine weitere große Belastung war der lange und harte Winter, der die Wirtschaftstätigkeit in vielen Branchen gebremst hat. Vor allem die Bauwirtschaft, aber auch Teile der Industrieproduktion liefen witterungsbedingt schlechter als erwartet.

Privater Konsum treibt Wachstum


Nach Berechnungen von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer könnte das kalte März-Wetter die BIP-Zuwachsrate im ersten Quartal um bis zu 0,2 Prozentpunkte gesenkt haben. Der Experte rechnet aber wie viele seiner Kollegen damit, dass das zweite Quartal für die deutsche Wirtschaft tendenziell wieder besser laufen wird, weil gerade die Bauwirtschaft die wetterbedingten Ausfälle rasch aufholen werde.
Wachstumstreiber dürfte indes der private Konsum bleiben – dank stabiler Arbeitsmarktlage, robuster Lohnentwicklung und einer trotz Euro-Krise schier unerschütterlichen Zuversicht der Konsumenten. Ganz anders sieht das für den Rest des Euro-Raums aus.
In vielen Ländern liegt die Bauwirtschaft nach der geplatzten Immobilienblase noch immer am Boden. Grassierende Arbeitslosigkeit, sinkender privater Verbrauch, rückläufige Unternehmensinvestitionen und die Konsolidierung bei den Staatsausgaben dürften das Wachstum weiterhin belasten.
"Diese Faktoren werden zwar im weiteren Jahresverlauf an Bremskraft verlieren. Aber zum Zünden der Investitionen reicht dies wohl nicht aus", heißt es bei der Commerzbank. Mehr als ein marginales Plus beim Wirtschaftswachstum sei in den kommenden Quartalen für den Euro-Raum nicht zu erwarten. Und selbst dieses Plus dürfte sich weiter wie eine Rezession anfühlen – zumal die Arbeitslosigkeit im Euroraum auf neue Rekordniveaus steigen werde.

Billiges Zentralbankgeld kommt nicht an


Angesichts der schwierigen Lage dürfte sich der Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB) verstärken, den schwächelnden Euro-Raum über das Standardinstrument der Zinssenkungen hinaus zu unterstützen. Denn das größte Problem der Währungshüter ist derzeit, dass das extrem billige Zentralbankgeld in weiten Teilen der Euro-Wirtschaft gar nicht ankommt.
"Die Aufmerksamkeit wird sich nun auf Maßnahmen richten, wie sie etwa die Bank of England angewendet hat", prognostiziert Chris Williamson von Markit Research. Die britische Notenbank hatte vor kurzem angekündigt, die Wirtschaft des Landes länger als ursprünglich geplant mit günstigeren Krediten anschieben zu wollen.
In Großbritannien können sich Geschäftsbanken günstig bei der Notenbank refinanzieren, sofern sie gleichzeitig ihre Kreditvergabe ausweiten. EZB-Beobachter halten es für gut möglich, dass die europäischen Notenbanker zu ähnlich ungewöhnlichen Maßnahmen greifen werden – wenn sich die Lage im Euro-Raum nicht bald bessert.

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