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Tuesday, July 16, 2013

Loew auch noch will den Konkurs zu vermeiden

Der TV-Traditionshersteller Loewe steckt mitten im Überlebenskampf. Ein Rettungsschirm soll das Überleben für mindestens drei Monate garantieren – auch für die Zeit danach gibt es einen Plan

Der Elektronikhersteller Loewe muss Gläubigerschutz beantragen, da ihm in absehbarer Zeit das Geld ausgehen könnte. Am Dienstag reichte Loewe beim Amtsgericht Coburg einen Antrag auf ein Verfahren gemäß der neuen Schutzschirm-Regelung im deutschen Insolvenzrecht ein.
Mit dem Antrag will sich das kriselnde Traditionsunternehmen aus dem fränkischen Kronach mindestens drei Monate mehr Zeit für die Suche nach einem Investor verschaffen.
Ausdrücklich weist Loewe-Vorstandschef Matthias Harsch im Gespräch mit der "Welt" darauf hin, dass Loewe aktuell keineswegs zahlungsunfähig ist: "Das Schutzschirmverfahren lässt nur zahlungsfähige Unternehmen zu. Wir sahen uns zur Abgabe des Antrags gezwungen, um potenziellen Schaden vom Unternehmen abzuwenden: Die Umsatzentwicklung im Fernsehermarkt in den vergangenen Monaten war katastrophal, eine Erholung ist nicht in Sicht."
Gleichzeitig benötigt der Fernseherhersteller im Juli zusätzliche Kredite, erklärt Harsch: "Wir haben höheren Finanzbedarf, da wir die Produktion der neuen Modelle für das Weihnachtsgeschäft angehen müssen."
 

Verfall auf Raten


Das Verfahren ist der vorläufige Tiefpunkt im Verfall auf Raten der Kronacher. Matthias Harsch, der erst im November 2012 den Posten von seinem glücklosen Vorgänger Oliver Seidl übernommen hatte, musste Ende März 2013 seinen Aktionären eine desaströse Bilanz vorlegen. Innerhalb der vergangenen fünf Jahre sank der Umsatz von 374 auf 250 Millionen Euro, das operative Ergebnis fiel von 28,5 Millionen Euro Gewinn auf 29 Millionen Euro Verlust pro Jahr.
Harsch musste seine Aktionäre mit einer Pflichtmitteilung bereits warnen: Loewe geht nach drei Jahren kontinuierlich roter Zahlen das Geld aus, Ende Mai war die Hälfte des Grundkapitals verzehrt. Die schlechten Nachrichten erschüttern zudem das Vertrauen der Premium-Kunden, die Umsätze sinken deswegen noch schneller als befürchtet.
Harsch verschob hastig die für Anfang Juni geplante Hauptversammlung auf Ende Juli. Dort muss er dann seinen Aktionären eine überzeugende Rettungs-Strategie samt Finanzierungsplan präsentieren.
Gelingt Harsch dies nicht, dürfte am Ende nur noch der wertvolle Markenname übrig bleiben – als Aufkleber auf Geräten, die in Asien oder der Türkei produziert werden. Zuletzt ging Grundig diesen Weg. Loewe wäre ein weiterer deutscher Hersteller, dem seine technische Exzellenz im Preiskampf mit asiatischen Massenproduzenten wie Samsung oder Panasonic nicht hilft.
Die beste Technik, das schönste Design nutzt nichts, wenn aufgrund niedriger Stückzahlen die Kosten zu hoch sind. Mit dem Wechsel vom großen Röhren-Fernseher zu Flachbildschirmen verlor Loewe überdies einen Großteil seiner Designspielwiese. Es wird immer schwieriger, den Flachbildschirmen mit ihren millimeterdünnen Rahmen den eigenen Ästhetikstempel aufzudrücken, damit das Gerät unverwechselbar wird.
An diesem grundsätzlichen Problem kann auch ein weiterer Kredit für Loewe nichts ändern.

Strategie schon vorhanden


Das Schutzschirmverfahren sieht vor, dass das betroffene Unternehmen innerhalb von drei Monaten eine Strategie vorlegt. Doch die hat Chef Harsch bereits seit dem Frühjahr mit Hilfe der Unternehmensberater von Roland Berger ausgearbeitet: Einerseits benötigt Loewe einen Investor, der mittels einer Kapitalerhöhung in das Unternehmen einsteigt und frisches Geld mitbringt.
Andererseits muss Loewe sein Problem beim Einkauf der Bauteile lösen: Über 70 Prozent der Kosten für einen Loewe-Fernseher resultieren aus dem Kauf von LCD-Panelen bei asiatischen Komponenten-Herstellern wie Samsung. Da Loewe nur geringe Stückzahlen abnimmt, müssen die Kronacher bislang zu ungünstigen Konditionen einkaufen. Harsch sucht seit dem Frühjahr nach einem LCD-Panelhersteller, der ihm die begehrten Panele günstiger gibt.
"Dieses Sanierungskonzept bleibt unberührt", sagt Harsch. "In unseren Verhandlungen mit einem strategischen Partner unter den Komponentenzulieferern sind wir bereits weit gediehen."
Die Suche nach einem Investor jedoch fällt Harsch bedeutend schwerer: "Bei den Gesprächen mussten wir feststellen, dass im Unternehmen noch zu viele Altlasten vorhanden sind." Dazu zählen laut Harsch Pensionsrückstellungen in Höhe von 40 Millionen Euro oder auch andere langfristige Verbindlichkeiten. "In unseren Verhandlungen mussten wir feststellen: Solche Verpflichtungen will kein Investor gleich zum Einstieg bedienen. Er will in die Zukunft investieren. Dank des Schutzschirmverfahrens können wir uns nun dieser Altlasten entledigen. Damit erhöht sich die Attraktivität Loewes massiv."
Das Schutzschirmverfahren gibt ihm nicht ewig Zeit: "Wir haben mehr Zeit als die im Gesetz zitierten drei Monate, da wir bereits eine Strategie haben. Doch uns ist klar: Das ist eine endliche Geschichte."

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