n-de

Wednesday, July 10, 2013

DIY Praktiker kündigt Serie Insolvenz

Die Tage der Baumarktkette Praktiker sind gezählt. Das Unternehmen kündigt an, Insolvenz anmelden zu wollen. Die höherwertige Marke Max Bahr soll nach "Welt"-Informationen fortgeführt werden.

Deutschlands drittgrößte Baumarktkette Praktiker steht vor der Pleite. Der Vorstand werde prüfen, für welche Gesellschaften der Gruppe Insolvenzanträge zu stellen sind, teilte der Vorstand am späten Mittwochabend mit. Nach Informationen der "Welt" ist der Schritt bereits für den Donnerstagmorgen geplant. Zum Konzern gehört neben Praktiker mit einem Quartalsumsatz von zuletzt rund 240 Mio. Euro und 5400 Beschäftigten auch die vor allem in Norddeutschland aktive Kette Max Bahr mit 204 Mio. Euro Umsatz und gut 5000 Beschäftigten.
Die Pleite ist nach der Drogeriekette "Schlecker" die zweite große Insolvenz eines traditionsreichen Einzelhändlers innerhalb weniger Monate. Anders als bei "Schlecker" besteht allerdings eine realistische Hoffnung zumindest auf eine Teilrettung. Nach Informationen der "Welt" will der Vorstand versuchen, mindestens die vergleichsweise gesunde Tochter Max Bahr fortzuführen.
Die Situation des Unternehmens hatte sich am Mittwoch dramatisch verschärft. Bei einer Telefonkonferenz am Nachmittag hatte der Vorstand versucht, seinen Gläubigerbanken einen weiteren zweistelligen Millionenbetrag abzuringen. Am Abend dann teilte der Vorstand mit: "Die Verhandlungen über zunächst Erfolg versprechende weitere Sanierungsfinanzierungen sind am Abend des 10. Juli 2013 gescheitert, weil einzelne Gläubigergruppen diesen nicht zugestimmt haben." Größte Gläubiger sind die österreichische Privatbank Semper Constantia, die deutsche Etris Bank sowie die Royal Bank of Scotland.

Umsätze brachen nach Aktionen ein

 

Praktiker betreibt 430 Märkte in neun Ländern. Allein in Deutschland gibt es 300 Filialen des auf Discount ausgerichteten Praktiker und der höherwertig angesiedelten Marke Max Bahr. Damit ist der Konzern die Nummer drei hinter Obi und Hornbach.
Jahrelang hatte Praktiker gut von seinen Rabattaktionen "20 Prozent auf alles - außer Tiernahrung" gelebt. Als diese Gewinn fressenden Aktionen eingestellt wurden, war die Kette für den Großteil der Kundschaft nicht mehr interessant. Das neue Konzept des langjährigen Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Werner ging nicht auf, die Umsätze brachen ein und die Verluste stiegen. Werner musste das Unternehmen 2011 verlassen.
Seither führten der Restrukturierungsexperte Thomas Fox, der langjährige Praktiker-Aufsichtsrat Kay Hafner und jetzt der frühere Aldi-Manager Armin Burger das Unternehmen. Um Kosten zu sparen wurde unter anderem die Zentrale der Kette vom saarländischen Kirkel nach Hamburg, an den Standort der erfolgreicher operierenden Tochter Max Bahr, verlegt.
Burger hatte zuletzt bereits mit Engpässen bei der Warenversorgung zu kämpfen - was im Handel immer als Alarmzeichen gilt. hat. Einige Lieferanten belieferten das Unternehmen erst verspätet oder gar nicht mehr, weil es der Kette in den vergangenen Monaten die vereinbarten Zahlungsziele nicht immer einhalten konnte. "Die Warenversorgung in einzelnen Sortimentsbereichen war und ist angespannt", hatte Konzernsprecher Harald Günter noch am Nachmittag bestätigt. Dies betreffe ausschließlich die auf Discount ausgerichteten Praktiker-Märkte, nicht aber die höherwertige Marke Max Bahr.
Fast die gesamte Baumarktbranche leidet darunter, dass das Wetter lange Zeit so schlecht war, dass die Kundschaft wenig in den Garten oder Haus-Renovierungen investiert. Bei einem ohnehin finanzschwachen Unternehmen wie Praktiker schlägt ein solcher Käuferstreik besonders schmerzhaft durch. Im ersten Quartal dieses Jahres lag der Praktiker-Umsatz mit 570 Millionen Euro noch einmal 10,4 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum.

Gutes Wetter bringt "deutlichen Umsatzschub"


Der Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebita) weitete sich um gut 55 Prozent auf 91,7 Millionen Euro aus. Unter dem Strich blieb ein Fehlbetrag von fast 118 Millionen Euro nach 72 Millionen Euro Anfang 2012. Konzernchef Burger sprach von einem "grauslichen" Quartal, das alles andere als nach Plan verlaufen sei. Die Zahlen für den Zeitraum April bis Juni will die Kette am 25. Juli vorlegen.
In den vergangenen Wochen hat Praktiker offenbar mit allen Mitteln versucht, das Geschäft anzukurbeln. Bereits Ende Juni und damit deutlich vor der Konkurrenz startete das Unternehmen in nahezu allen Märkten einen "Sommerschlussverkauf" mit Rabatten von bis zu 70 Prozent auf einzelne Artikel. Im Schnitt sollen die Preisnachlässe bei 20 bis 40 Prozent gelegen haben.
Max Bahr bietet im Augenblick sogar den Opfern der jüngsten Hochwasserkatastrophe Gartenartikel zu Schleuderpreisen an. Laut Konzernsprecher Günter hat die jüngste Aktion zusammen mit dem zuletzt guten Wetter zwar einen "deutlichen Umsatzschub" gebracht. Derlei Aktionen sind zumeist Hinweise darauf, dass ein Händler dringend Geld braucht - auch wenn er damit seinen Gewinn noch weiter schmälert.
 
 

No comments:

Post a Comment